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Martin Braxenthaler, Paralympionike aus Bayern | © RATHGEBER GmbH & Co. KG
Martin Braxenthaler, Paralympionike aus Bayern | © RATHGEBER GmbH & Co. KG
DER ATHLET
Martin Braxenthaler

Bilderbuch-Karriere: Bei Paralympischen Spielen holte Martin insgesamt zehn Mal Gold.

MARTIN BRAXENTHALER

"Du musst Dich was trauen!"

Der erfolgreiche Paralympionike über Ziele, Hindernisse und Lebensqualität. Ein Besuch im Chiemgau.

Ein leises Knirschen im Kies kündigt Martin Braxenthaler an, bevor man ihn sieht. Wir sind am Chiemsee Uferweg in Chieming verabredet. Wenige Sekunden später biegt er mit seinem Handbike eMano 3 der Firma Otto Bock um die Ecke, legt sich in die Kurve. Steine spritzen zur Seite. Ganz schön schnell der Mann.

Seit einem Unfall vor 22 Jahren sitzt Martin Braxenthaler im Rollstuhl. Damals half er als junger Mann auf dem Hof seiner Eltern beim Umbau, als ihn eine Ladung Ziegel im Rücken traf. Seitdem ist er querschnittsgelähmt. Schnell war klar, dass der Sportler, damals Fußballer, Mountainbiker und Skifahrer,  an den Rollstuhl gefesselt bleiben würde.

Doch Martin Braxenthaler macht nicht den Eindruck, als würde er sich für Rührstücke eignen. Nicht sein Ding. Lieber geht er offensiv ans Leben heran schon immer. Vor und erst recht nach dem Unfall. "Auch mit Handicap kannst du eine extrem hohe Lebensqualität haben", sagt er und lockert die Arme aus. Man müsse aber auch etwas dafür tun. "Und du musst dich was trauen. Dann findest du deinen Platz im Leben".

Direkt nach seiner Verletzung bedeutete das: lange und harte Monate der Reha. Und dann ab 1995 der Sport. Nach einem Mono-Skikurs war der gelernte Automechaniker wieder in den Bergen unterwegs, schaffte es zwei Jahre später in den Bayerischen Landeskader, 1998 in die Nationalmanschaft. Bei den Paralympischen Spielen in Nagano, Salt Lake City und Turin holte er insgesamt sieben Goldmedaillen für das deutsche Team, wurde einer der erfolgreichsten deutschen Athleten überhaupt.

Sein Handbike ist das eMano 3 von Otto Bock. Voll gefedert, robust und mit der Unterstützung Die Karriere als Sportler hat er beendet, lebt heute mit seiner Frau und seinem vierjährigen Sohn im Chiemgau. Aktiv ist er trotzdem. In Sotchi war er als Fackelträger dabei, unterstützte das deutsche Team. Und er ist nach wie vor selbst viel mit seinem Handbike unterwegs. Zwei- bis dreistündige Touren so oft er kann, mehrere tausend Kilometer im Jahr.

eines Ebike-Motors eignet sich das eMano sogar für Touren in die nahen Alpen und für Ausflüge ins Gelände. Dabei gehe es schlicht um ein "selbstbestimmtes Leben", sagt Braxenthaler, auch um die soziale Interaktion mit den alten Bike-Feunden.Wie das mitunter aussieht, zeigt das Video am Ende dieser Geschichte.

Entwickelt wurde das Handbike für Otto Bock von ADP Engineering in Dieburg, besser bekannt als die Köpfe hinter der edlen Mountainbike-Marke Rotwild. Viele Ideen und viel Erfahrung aus dem Mountainbike-Worldcup finden sich auch am eMano von Braxenthaler. Gut 600 Stück wurden bislang produziert. Etliche FunktionsteilePlaketten und Aufkleber für die Rollstühle und Handbikes von Otto Bock kommen von RATHGEBER: robust und dauerhaft haltbar.

Hungrig nach Leben

Das selbstbestimmte Leben wird Rollstuhlfahrern bis heute nicht immer leicht gemacht. "Wir leben im Jahr 2016 in einem hoch entwickelten Industrieland", sagt Braxenthaler, und immer noch müsse man über Stufen vor Geschäften oder Schulen diskutieren, noch immer gebe es Hindernisse auf den Straßen und Wegen. "Bei der Barrierefreiheit sind wir noch längst nicht da, wo wir sein müssten", sagt er. Auch die Berührungsängste vieler Menschen ohne Handicap seien manchmal regelrecht greifbar.

Doch bremsen lassen will sich Braxenthaler davon nicht. "Der Rollstuhl gibt mir einen Teil meiner Mobilität zurück", erklärt er. Und das nutzt er. Als "hungrig nach Leben" beschreibt er sich. Und wenn man ihn begleitet, hat man nicht den Eindruck, als stünde er am Rande der Gesellschaft. Auf dem Parkplatz vor dem örtlichen Edeka, im Café, beim Bäcker – überall trifft er Bekannte. Witze, Schulterklopfen, kurze Gespräche. Mit Menschen kann Martin.

Der Trick sei es doch, sich die richtigen Ziele zu setzen. Die dürften ruhig ehrgeizig sein, anspruchsvoll. So lange man die Chance habe, sie zu erreichen, seien sie sinnvoll, sagt Martin. "Und dann muss man halt hart arbeiten." Auf dem Weg dorthin sei es wichtig, sich immer wieder neu Gedanken zu machen, mit den richtigen Leuten zu sprechen, kreativ zu sein. "Aber das gilt ja genau so für Menschen ohne Behinderung", sagt er. Allenfalls die Probleme seien manchmal andere.

Mehr Infos zu Martins Handbike und zu Otto Bock finden Sie hier.