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Sonor | © RATHGEBER GmbH & Co. KG
Rainer Dreisbach, Business Administration Manager Sonor | © RATHGEBER GmbH & Co. KG
EXPERTE
Rainer Dreisbach

Der Business Administration Manager arbeitet seit 1986 bei Sonor.

Reportage

Hier spielt die Musik

Sonor ist einer der berühmtesten Schlagzeugbauer der Welt. Dass die Drumsets aus Bad Berleburg bis ins letzte Detail perfekt sind – dazu trägt seit Jahren auch RATHGEBER bei. Eine Werksbesichtigung.

Matthias Strack, der früher selbst ein begeisterter Schlagzeuger war, könnte kräftig auf die Pauke hauen. Stattdessen aber bevorzugt er in seinem Job bei Sonor die ruhigen Töne: Als der 54-Jährige das Licht an seiner Lupe einschaltet, macht es nur ganz leise "klick".

Strack sitzt an einer Werkbank in einem verglasten Eckbüro. Er kann direkt ins Rohwarenlager blicken, in dem mehr als 3.500 Einkaufsteile in Regalen liegen. Sie stammen von Zulieferern aus 13 Ländern, darunter Deutschland, USA, Mexiko, China, Thailand, Italien, Polen und Tschechien. Jede Schraube, Klemme, Halterung, jedes Holzfurnier und Fell, jeder Beckenständerfuß – alles nimmt Strack unter die Lupe, bevor es in der Produktion verwendet werden darf. Als Leiter der Qualitätssicherung trägt er die Verantwortung, dass sämtliche Komponenten eines Sonor-Schlagzeugs den Ansprüchen genügen. Und die sind hoch.

In Bad Berleburg in Nordrhein-Westfalen, einer Stadt mit 20.000 Einwohnern, rund 40 Kilometer nordöstlich von Siegen, entstehen seit 1946 Musikinstrumente, die international gefragt sind. Sonor, 1875 in Weißenfels an der Saale gegründet, zog nach dem Zweiten Weltkrieg in den Westen Deutschlands um. Gleich hinter dem Fabrikgelände erhebt sich die Hügelwelt des Rothaargebirges. Und wer auf die kleinen grauen Häuschen mit ihren Schieferfassaden blickt, käme nicht auf den Gedanken, dass dies der Sehnsuchtsort von Heavy-Metal-Drummern, Jazz-Avantgardisten und Volksmusikern gleichermaßen ist. "Wir haben eine anspruchsvolle Kundschaft, darunter viele Profis", sagt der kaufmännische Leiter von Sonor, Rainer Dreisbach. Eine Szenegröße wie Jost Nickel, Schlagzeuger von Jan Delay, zählt dazu. Genau wie die Drummer von Rammstein, Iron Maiden, Silbermond, den Kastelruther Spatzen und der Big Band der Bundeswehr. "Wir bevorzugen dabei keine Musikrichtung", sagt Dreisbach, "wichtig ist nur: Wir müssen immer optimale Qualität liefern. Sound, Funktionalität, Optik – das alles muss hundertprozentig stimmen. Wir bauen hier schließlich den Rolls-Royce unter den Schlagzeugen."

Legendäres Markenzeichen in RATHGEBER-Qualität

Dabei kommt es auch auf Matthias Strack, seine Lupe und seine digitale Schieblehre an. Gerade untersucht der Qualitätsmanager ein Bauteil einer besonders seltenen Snare Drum: Es ist ein rechteckiges Alu-Schildchen, auf dem unter anderem die Wörter "One of a Kind" zu lesen sind. Die Buchstaben sind minimal höher als die Grundfläche des Emblems; wer mit dem Finger darüber fährt, kann die feine Prägung deutlich spüren: "Bei Metall arbeiten wir im Zehntelmillimeterbereich", sagt Strack, "wir haben aber auch ein paar Teile, die auf den Hundertstelmillimeter genau sein müssen." Als er den Messschieber wieder zur Seite legt, sagt er zufrieden: "Wenn alle Zulieferer so arbeiten würden, hätten wir überhaupt keine Probleme."

Die so gelobte Plakette stammt von RATHGEBER. Seit Jahren ist Sonor Kunde des Kennzeichnungsspezialisten aus Oberhaching. Rund 30 verschiedene Artikel liefert RATHGEBER an Sonor, darunter Schilder, Embleme und auch die Ösen, die das kreisrunde Loch in jedem Trommelkessel einfassen, aus dem der Schall entweicht. Seitdem Strack die Qualitätssicherung leitet – also seit rund zwölf Jahren –, hat er von fast jedem Emblem ein Muster in der Schublade behalten: "Die Schilder sind ein bisschen mein Steckenpferd", sagt er, "die sammle ich."

"Wenn alle Zulieferer so arbeiten würden, hätten wir überhaupt
keine Probleme", Rainer Dreisbach.

Das Markenzeichen mit den zwei Trommelschlägeln ist allerdings auch bewundernswert: Entwickelt hatte das Sonor-Logo Anfang der 1960er-Jahre der legendäre Designer Otl Aicher, der beispielsweise auch die Grafiken und Layouts für die Olympischen Spiele 1972 in München und den Kranich der Lufthansa erfand. Auf dem etwa Streichholzschachtel großen Emblem, das Qualitätsprüfer Strack jetzt zurück auf seine Werkbank legt, sind die beiden Schlägel aus einem schön gemaserten Holz: In filigraner Millimeterarbeit wurden sie bei RATHGEBER per Lasertechnik aus einer Platte geschnitten und dann auf das Alu-Emblem montiert. Wobei die Holzart die gleiche ist, aus der auch die Trommeln bestehen. Viel Aufwand für ein Emblem – doch bei Sonor zählen solche Details. "Wir arbeiten am liebsten langfristig mit einem Zulieferer zusammen. RATHGEBER ist ein gutes Beispiel dafür. Die Qualität ist sehr gut, und die Nähe macht vieles leichter: Wenn wir ein Muster brauchen, geht alles schnell, flexibel und zuverlässig."

75 Beschäftigte bauen rund 1.500 Schlagzeuge pro Jahr

Die Instrumentenbauer aus Bad Berleburg lassen sich immer wieder etwas Neues einfallen: Für den kanadischen Markt wurde einst eine Trommel aus 13 verschiedenen Ahornhölzern gefertigt: Das ergab einen wunderbaren Klang und stand gleichzeitig für die 13 Provinzen Kanadas. Ein anderes Mal wurde eine Trommelserie aus dem ausgehöhlten Stamm eines einzigen japanischen Kirschbaums gefertigt – ganz ohne Verleimung. Und dann gab es in den 1990er-Jahren noch das Schlagzeug "Jet Set", das für rund 30.000 D-Mark verkauft wurde: mit Trommeln aus Ahorn sowie Beckenständern und Fellspannern, die mit 24-karätigem Gold beschichtet sind. Eines dieser Exemplare, von denen nur fünf gebaut wurden, steht im kleinen Firmenmuseum auf dem Werksgelände in Bad Berleburg.

Sonor gehört seit 1991 zu einem anderen deutschen Traditionsunternehmen: der Firma Hohner aus Trossingen im Schwarzwald, berühmt für ihre Mundharmonikas, Akkordeons und Blockflöten. Seit 1997 sind Hohner und Sonor mehrheitlich in Besitz einer taiwanesischen Investorengruppe, seit 2014 sogar zu 100 Prozent. Als Dreisbach 1986 seine Lehre zum Industriekaufmann bei Sonor begann, leitete noch der Enkel des Gründers das Unternehmen. Dessen Nachkommen aber wollten die Firma nicht übernehmen – die Ära des puren Familienunternehmens war damit beendet. Die Tradition lebt aber weiter – auch durch Mitarbeiter wie Dreisbach, der im August sein 30-jähriges Firmenjubiläum feiert, und Strack, der seit 35 Jahren hier arbeitet. "Die Zusammenarbeit mit den Taiwanesen funktioniert gut, auch menschlich", sagt Dreisbach, "dieser Investor ist keine Heuschrecke. Wir arbeiten jetzt seit fast 20 Jahren konstruktiv zusammen." 

Das Tagesgeschäft der rund 75 Beschäftigten am Sonor-Stammsitz besteht darin, Schlagzeuge für die aktuell hochwertigsten Sonor-Serien SQ² und Prolite herzustellen. "Wir können hier keine Einsteigersets für 500 Euro produzieren", sagt Dreisbach. Die günstigeren Produktlinien werden in Asien hergestellt. Die Produktion in Bad Berleburg verlassen rund 1.500 High-End-Schlagzeuge pro Jahr, dazu kommen noch Orff-Instrumente wie Pauken, Xylofone, Glockenspiele sowie Sitztrommeln (Cajons) und Tamburine. "Wir sind hier mehr Handwerksbetrieb und Manufaktur als klassischer Industriebetrieb", sagt Dreisbach.

Das Erste, das in den Werkshallen auffällt, ist der Geruch nach Holz – ganz deutlich natürlich im Lagerraum hinter Stracks Eckbüro. Dort stehen bei 60 bis 70 Prozent Luftfeuchtigkeit die zumeist 2,1 Millimeter dünnen Platten des wichtigsten Rohmaterials: Sperrhölzer aus kanadischem Ahorn, skandinavischer Birke und heimischer Buche. Dazu eine riesige Vielfalt an Block- und Naturfurnieren. Bei der Schlagzeugserie SQ² haben Kunden die Möglichkeit, ihr eigenes Schlagzeug individuell zu konfigurieren. Die Wahlmöglichkeiten beginnen beim Durchmesser und der Tiefe der Trommeln und enden noch längst nicht bei der Holzart. 

Anspruchsvolle Schlagzeuger kombinieren gern: Im Innern des Trommelkessels soll dann beispielsweise das tigerfellartige "Tigerfinish"-Furnier zu sehen sein, während außen "American Walnut" bevorzugt wird. Für jede Bestellung sucht dann ein Mitarbeiter passende Holzplatten in den richtigen Größen zusammen – und fährt die Waren zu den Kesselbauern.

Einer von ihnen, der Holzmechaniker Horst Treude, ist schon seit 1980 im Unternehmen. Er bestreicht die unterschiedlichen Sperrholz- und Furnierplatten mit Heißleim und legt sie dann in eine zur gewünschten Größe passende Presse. Bei rund 100 Grad bleibt das Holz etwa zwölf Minuten in der Form – und kommt als fest verklebte Trommelkessel wieder heraus.

"Wir sind hier mehr Manufaktur als klassischer Industriebetrieb," Rainer Dreisbach.

Im nächsten Arbeitsschritt kümmern sich nebenan die Lackierer um das Holz-Finishing: zum Beispiel Kai Becker, dessen Borussia-Dortmund-Tätowierung am Unterarm nicht recht zum Poster der Kastelruther Spatzen an der Wand passen mag. "Die Hochglanzlackierungen sind am aufwendigsten", erklärt der Fachmann. Immer wieder muss er dabei lackieren, trocknen lassen, lackieren. Schicht um Schicht. Bis am Ende alles perfekt ist und poliert werden kann, vergehen bei einer Bass Drum rund 15 Arbeitstage. Trotzdem schafft es Sonor, innerhalb von zwölf Wochen ein komplettes Schlagzeug zu produzieren.

Im letzten Schritt vor der Verpackung kommen die lackierten Trommelkessel dann ins Reich von Thorsten Schmidt, dem Meister in der Montagehalle. Kessel in allen Farben und Größen warten hier darauf, in Schlagzeuge verwandelt zu werden. Dafür fehlen nur noch Bohrungen, um Metallteile wie Spanner und Halterungen anbringen zu können, sowie die Felle, die an einer weiteren Arbeitsstation aufgesetzt werden. 

Auf einer Werkbank in der Montagehalle liegen auch die Embleme von RATHGEBER bereit, fein säuberlich in Fächer einsortiert. Es ist einer der letzten Arbeitsschritte, das zum Modell passende Schild an die Außenwand einer Trommel zu schrauben. Es sind sicher nicht die wichtigsten Bauteile für den Klang eines Instruments. Aber auch keine ganz unwichtigen: "Im Schlagzeugbereich geht es immer auch um die Optik", sagt Schmidt, "wir müssen da bis ins Detail perfekt sein. Unser Logo und die Schilder gehören dazu."