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GESCHÄFTSFÜHRER
Andreas Schrägle
GESCHÄFTSFÜHRERIN
Andrea Schrägle
Jubiläumsinterview

Mut zur Veränderung

Die RATHGEBER-Gruppe aus Oberhaching feiert 75. Geburtstag. Im Interview sprechen die Geschäftsführer Andrea und Andreas Schrägle über den Charme des Familienunternehmens als Teil der Nachbarschaft, Nachhaltigkeit als Chance und das besondere Verhältnis zu den Mitarbeitenden.  

 

Herr Schrägle – wie fühlt sich das an, wenn das Familienunternehmen Jubiläum feiert?  

Wir sind richtig stolz auf inzwischen ein Dreivierteljahrhundert RATHGEBER, die wir als Familienunternehmen erfolgreich meistern. Und es geht dynamisch weiter. 

Gemeinsam mit Ihrer Frau führen sie RATHGEBER in der dritten Generation. Gibt es eine Eigenschaft, die sich durch die Firmenhistorie hindurchzieht?  

Andreas Schrägle: Was uns schon immer auszeichnet ist der Mut zur Veränderung, die Offenheit für neue Entwicklungen. Mein Opa Anton RATHGEBER hat nach dem Krieg mit Abziehbildern und Holz-Spielwaren klein angefangen. Von Beginn an hat er stets den Markt genau beobachtet und sondiert, womit er noch erfolgreicher sein könnte. So sind dann die ersten Plaketten und Abziehbilder dazugekommen.  

Auch meine Eltern Christine und Werner Schrägle waren immer initiativ, haben die Firma sehr früh digitalisiert, die Niederlassungen in Tschechien und Polen gegründet, aber auch schon damals an die Nachhaltigkeit gedacht.  

Als dann Andrea, meine Frau, und ich die Firma übernommen haben, konnten wir auf ein stabiles Fundament aufbauen und das Unternehmen unsererseits stetig weiterentwickeln. Ich denke, mein Großvater wäre sehr glücklich, wenn er sehen könnte, was aus seiner Idee inzwischen geworden ist. 

Geblieben ist die Leidenschaft fürs Produkt, kann man das so sagen?

Das ist so. Wir haben echte Leidenschaft für unseren Job und selbstverständlich auch für unsere Produkte. Es ist ein großes Glück, dass wir unsere „kleinen Schmuckstücke“ überall im Einsatz sehen, jeden Tag. Das macht uns alle sehr stolz und stärkt unseren Ehrgeiz, sollten sie mal nicht aus unserer Produktion stammen. 

Erst Corona, dann Krieg und Inflation – die vergangenen Jahre waren turbulent. Wie steht RATHGEBER zum Jubiläum da? 

Andreas Schrägle: Es ist unglaublich viel passiert, das war eine schwierige, komplexe Zeit. Aber es wurde wieder einmal klar, dass wir als RATHGEBER Unternehmensgruppe resilient sind. Speziell in solch schwierigen Situationen zeigte sich, wie wertvoll unsere breite Aufstellung in vielerlei Hinsicht ist. Das gilt für unser Produktportfolio, aber auch für unsere vielen verschiedenen Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen. Das ist selbstverständlich auch ein Verdienst der Mitarbeitenden, die jeden Tag mitdenken, die Firma voranbringen und so viele gute Ideen mit einbringen. Damit sind wir bisher stets sehr gut durch solch schwierige Zeiten gekommen und haben Kraft für die kommenden Jahre. 

Haben die Mitarbeitenden in einem Familienunternehmen einen anderen Stellenwert als zum Beispiel in einem großen Konzern? 

Andrea Schrägle: Die Menschen in einem Familienunternehmen sind der Erfolgs-Faktor schlechthin. Wir sind eine große Unternehmensfamilie, jeder kennt jeden. Das gibt uns allen ein Stück weit Sicherheit, dass es weitergeht, dass man sich gegenseitig stützt, auch und gerade in Krisenzeiten. Dies hat uns als Firma sehr geholfen. Aber auch die Mitarbeitenden spüren das Vertrauen, das ihnen entgegengebracht wird, genießen die Freiräume, die sie bei RATHGEBER nutzen können.  

„Am Ende geht es darum, die Kreativität aller Mitarbeitenden zu fördern und möglichst niemanden einzubremsen.“ (Andrea Schrägle)

Welche Rolle spielt dabei das Leitbild von RATHGEBER? 

Andrea Schrägle: Das Leitbild darf man nicht als starre Vorgabe verstehen. Bei uns ist eigenverantwortliches Handeln und Arbeiten gefragt. Das ist wahrscheinlich typisch für Familienunternehmen, da ist nicht alles bis ins kleinste Detail durchorganisiert. Vor allem sind die einzelnen Bereiche nicht so streng voneinander abgegrenzt, es gibt viel Austausch. Und genau das wollen wir auch. Unser Leitbild öffnet einen breiten Korridor, in dem wir zusammenarbeiten wollen. Am Ende geht es darum, die Kreativität, den Mut und die Freude aller Mitarbeitenden zu fördern und möglichst niemanden zu bremsen.  

Andreas Schrägle: Diesbezüglich ist in den vergangenen Jahren viel passiert. Wir haben ein Leitbild für Zusammenarbeit und Führung, wir haben unsere RATHGEBER-Werte, wir haben im Unternehmen gemeinsam einen Verhaltenskodex entwickelt. Und natürlich gibt es die Vision und Mission der RATHGEBER-Gruppe. All das zusammen leitet uns jeden Tag aufs Neue an: In welche Richtung gehen wir? Wie arbeiten wir zusammen? Wie kommunizieren wir? Wir gehen mit miteinander um? Was sind die übergeordneten Ziele? 

Sie sprechen die Werte von RATHGEBER an. Dazu zählt seit 25 Jahren auch die Nachhaltigkeit 

Andreas Schrägle: Das ist schon lange ein fester Teil unserer RATHGEBER-DNA. Bei allen Entscheidungen, die wir treffen, haben wir die Ökonomie genauso im Blick wie die Ökologie und den sozialen Aspekt. Da geht es nicht nur um die großen Punkte, auch in den kleinsten Details suchen wir täglich erfolgreich die richtige Balance zwischen diesen drei Feldern. Unser CSR-Team begleitet diesen Prozess mit viel Engagement und Begeisterung. 

Zuletzt konnte man den Eindruck gewinnen, beim Kampf gegen den Klimawandel sei die Grenze der Belastbarkeit für viele Firmen erreicht.  

Andreas Schrägle: Es gibt doch schlicht keine Alternative zu nachhaltigem Wirtschaften. Die RATHGEBER-Gruppe ist ein gutes Beispiel. Wir sind wirtschaftlich erfolgreich und dabei seit über zwölf Jahren klimaneutral gestellt. Das ist kein Trend, keine Mode. Der Klimawandel ist ein Fakt, der uns in Zukunft ständig begleiten wird. Wir haben vor 25 Jahren angefangen, RATHGEBER nachhaltig aufzustellen. Das geht aber nicht so nebenher: Bis heute arbeiten wir täglich an unendlich vielen Stellen daran, besser zu werden. Das ist ein Faktor für die Mitarbeitenden. Es ist ein Faktor für die Umwelt. Es ist ein Faktor für unsere Kunden und uns als Firmengruppe und macht uns stolz und zufrieden.  

Andrea Schrägle: Eines muss man dabei klarstellen – was wir machen und wie wir es machen ist hier und da unbequem und oft nicht die günstigste und schnellste Lösung. Trotzdem profitieren wir und vor allem die Umwelt. Denn auch bei unseren Kunden wächst das Bewusstsein, werden nachhaltige Lösungen immer stärker nachgefragt. Wir haben einen guten Vorsprung, den wir uns nicht mehr nehmen lassen. 

Andreas Schrägle: Ich höre die Bedenken und ich sehe die Herausforderungen. Ich bin jedoch überzeugt, dass nachhaltiges Handeln die Lösung ist, nicht das Problem. Dazu gehört zum Beispiel auch der schonende und sparsame Umgang mit Ressourcen. Klar, damit schone ich die Umwelt. Das ist doch aber auch kaufmännisch sinnvoll – möglichst wenig zu verschwenden und zu sparen.  

Machen wir es doch mal konkret. Sie kleben nicht einfach ein paar Pflaster auf. Derzeit wird die Produktion in Mindelheim umgerüstet, um auch dort von fossilen Brennstoffen wegzukommen. 

Andreas Schrägle: Wir waren in unserem Produktionswerk in Mindelheim lange auf Gas angewiesen. Auf dem Dach haben wir zusätzlich zu der Anlage in Oberhaching (60 kWp) schon vor einiger Zeit eine Photovoltaikanlage mit 212 kWp installiert. Im Moment werden am Standort zusätzlich zwei große Industrie-Wärmepumpen installiert. Wir werden im Herbst 2023 an den deutschen Standorten komplett frei von fossilen Brennstoffen sein. Das ist wirklich ein großer Erfolg.  

Andrea Schrägle:  Dies ist eine große Investition. Dazu kommen aber unendlich viele kleine Punkte, die jeden Tag bewegt werden. Wir sparen sehr viel Papier, vergeben mehr als 100 Firmenleasing-Fahrräder, für unseren Fuhrpark setzen wir nahezu komplett auf E-Mobilität, wir optimieren stetig unser Verpackungskonzept und bauen mit unserer Green-Label-Produktlinie eine nachhaltige Produktlinie auf. Wir sind viele große und kleine Schritte gegangen. Dies ist selten der einfache und günstige, aber langfristig mit Sicherheit der richtige Weg.  

Auch bei den Produkten haben Sie neue nachhaltige Projekte angeschoben. In Zukunft soll es mit „Green Label“ grüne Alternativen geben. 

Andreas Schrägle: Wir haben uns vorgenommen, zu jeder traditioneller Produktlinie auch eine nachhaltige Alternative anzubieten. Wir entwickeln das sehr konsequent. Bei sämtlichen Materialien und Hilfsmitteln, aber auch in der Verpackung, werden wir unseren Kunden eine grüne, nachhaltigere Alternative bieten. Dies ist eine echte Herausforderung, aber wir kommen gut voran. 

„Die RATHGEBER-Gruppe ist wirtschaftlich erfolgreich und dabei seit über zwölf Jahren klimaneutral gestellt. Das ist kein Trend, keine Mode. Der Klimawandel ist ein Fakt.“ (Andreas Schrägle)

Kann diese Entwicklung ein Ende haben, hat man es irgendwann geschafft? 

Andrea Schrägle: Nein. Es wird immer weitergehen mit größeren und kleinen Schritten auf allen Gebieten, ökonomisch, ökologisch und sozial. Das treibt uns an und bringt uns auch zusammen. Und es gibt uns ein gemeinsames Ziel. So wollen wir weitermachen.  

Andreas Schrägle: Wir haben vorhin schon davon gesprochen: Auch bei uns geht es nicht nur um Nachhaltigkeit und soziales Engagement – RATHGEBER ist ein Unternehmen, wir müssen Geld verdienen und wir freuen uns über gute Ergebnisse. Wir schielen aber nicht nur auf das jeweilig kommende Quartal. Wie in vielen Familienunternehmen denken wir stets mittel- und langfristig.  

Andrea Schrägle: Dazu kommt, dass unser Engagement nicht nur für unsere Mitarbeitenden ein ganz wesentlicher Faktor ist, sondern es ist auch durchaus interessant für Bewerber, die zu uns kommen. Die sehen, dass hier schon eine ganze Menge passiert ist. Und das macht uns attraktiv als Arbeitgeber. Wir sind besonders stolz, dass wir an den deutschen Standorten ab Herbst neun Auszubildende in den verschiedensten Bereichen ausbilden werden.  

Mehr als die Hälfte der Belegschaft bei RATHGEBER sind Frauen. Sind Sie besonders familienfreundlich? 

Andrea Schrägle: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist etwas, das wir in der Unternehmensgruppe gut hinbekommen. Wir haben aufgrund unserer Firmengröße keinen Betriebskindergarten, in dem der Nachwuchs den ganzen Tag versorgt ist. Aber wir bieten viele Möglichkeiten, um Beruf und Privatleben unter einen Hut zu bekommen. Wir möchten die Mitarbeitenden im Rahmen der Möglichkeiten eines Familienunternehmens unterstützen; das gilt übrigens auch, wenn Angehörige gepflegt werden müssen.  

Blicken wir noch einmal kurz zurück. Corona hat alle hart getroffen. RATHGEBER hat die Pandemie ein Stück weit als Chance genutzt und die Digitalisierung im Unternehmen massiv vorangetrieben.  

Andrea Schrägle: Da muss man zwei unterschiedliche Dinge betrachten. Zum einen war es bemerkenswert, wie sich die Mitarbeitenden von heute auf morgen umgestellt haben und die Firma auch im Home-Office sehr gut funktioniert hat. Wir waren vorher schon technisch sehr gut aufgestellt und konnten dann innerhalb von Tagen an vielen Positionen ins mobile Arbeiten wechseln. Selbstverständlich sind wir aber auch sehr froh, dass wir inzwischen wieder zum größeren Teil in den Büros zusammen kommen. 

Andreas Schrägle: Aber auch das Produkt selbst wird immer digitaler. Wir haben angefangen, um das Produkt herum Dienstleistungen zu entwickeln. Vor der Herstellung gibt es jetzt die Möglichkeit vorab 3D-Visualisierungen des Produktes, optional mit Augmented Reality zu erhalten. Und natürlich kümmern wir uns auch nach der Lieferung des Produktes um die Verarbeitung, um die Applikation des Produktes beim Kunden. Zusätzlich bieten wir in der RATHGEBER-Gruppe über unsere Tochterfirma smart-TEC sogar Softwareanbindung für das Produkt an. 

Schauen wir noch einmal auf das Jubiläum 75 Jahre RATHGEBER. Sie haben sich gegen die Riesenparty entschieden. Stattdessen möchten Sie mit der Belegschaft als Teil der Nachbarschaft sichtbar und wirksam sein.  

Andrea Schrägle: Das hat mit unserem Umfeld zu tun – wir wollen kein Fremdkörper sein und achten das Gemeinwohl. Es hat aber auch mit uns selbst zu tun. Nach Corona und den vielen Krisen danach hatten wir die Idee, die Menschen im Unternehmen wieder zusammenzubringen, dass sie gemeinsam etwas tun, sich engagieren und so wieder näher zusammenrücken. Deshalb gibt es den ganzen Sommer 2023 über unsere nachhaltigen / sozialen RATHGEBER-Team-Events. Die Themen haben sich die einzelnen Gruppen übrigens selbst ausgesucht und organisiert – und dabei sind großartige Aktionen entstanden. Zum Beispiel das Pflanzen von Blühwiesen bei uns auf dem Betriebsgelände, das Bauen von Insektenhotels, Besuche in Seniorenheimen, Nachmittage mit Senioren. Wir bauen Naturlehrpfade und pflanzen Bäume, unterstützen die Münchner Tafel und vieles mehr.  

Das ist nun nicht die klassische Firmen-Party. Wie ist die Idee angekommen? 

Andrea Schrägle: Am Anfang herrschte eine gewisse Unsicherheit. Dann ist schnell eine fantastische Eigendynamik entstanden. Unsere Mitarbeitenden kommen glücklich und erfüllt von ihren Team-Events zurück, weil sie die Gemeinsamkeit spüren und die Nähe, die so entsteht. Ich bin mir sicher, das gibt uns einen Spirit, der uns auch die nächsten Jahre noch begleiten wird. Und natürlich feiern wir auch noch gemeinsam, wenn auch in einem etwas kleineren Rahmen. 

Was wird ihr persönliches Team-Event? 

Andrea Schrägle: Wir sind mit unserem Team bei der Münchner Tafel – wir sammeln Spenden, sortieren, verpacken und verteilen die Lebensmittel, sind ansprechbar bei Problemen. Das wird für unser Team eine nachhaltige Erfahrung.  

Zum Abschluss noch ein Blick nach vorne: Wo steht RATHGEBER in zehn Jahren? 

Andreas Schrägle: RATHGEBER in zehn Jahren ist ein Unternehmen, das sich im Bereich Produktkennzeichnung sprunghaft weiterentwickelt hat. Da spreche ich von nachhaltigen und intelligenten Produktkennzeichnung, von Hightech-Anwendungen und Dienstleistungen. Darüber hinaus werden wir in Deutschland und Tschechien mit motivierten und zufriedenen Mitarbeitern klimaneutral produzieren. Große Aufgaben! Wir freuen uns sehr darauf.